Obwohl „FIFA“ und „Call of Duty“ inhaltlich keinerlei Überschneidungspunkte aufweisen, eint sie doch eines: Wie Weihnachten oder Ostern kommt einmal im Jahr ein neues Spiel. FIFA erscheint meist Ende September, die Call of Duty-Reihe verschönert Shooter-Fans den trüben November. In diesem Jahr kehrt die Serie nach ein paar Jahren Pause in den Zweiten Weltkrieg zurück: „Call of Duty: Vanguard“. Das Spiel begleitet in der Kampagne ein Team aus Spezialisten ins Herz des Dritten Reiches in dessen letzten Tagen im Frühjahr 1945. Wie gut die Kampagne geworden ist und was das Spiel sonst noch an Inhalten bietet, hat sich IMTEST angesehen.
Produktdetails
- 64,99
- USK 18
- PS5, PS4, Xbox One, Xbox Series X
Call of Duty: Vanguard mit dieser Kampagne
April 1945. Ein kleines Team aus fünf Männern und einer Frau kämpft sich in der Nähe von Hamburg durch einen mit Soldaten des Feindes besetzten Zug. Nur Anführer Arthur weiß, warum der kleine Stoßtrupp sich tief in deutschem Gebiet befindet: Die Gruppe soll Unterlagen über eine Nazi-Operation namens „Phönix“ finden.
Doch das gelingt vorerst nicht. In einem U-Boot-Bunker im Hamburger Hafen wird das Team gestellt, nur der amerikanische Pilot Wade kann entkommen. Arthurs Team wird nach Berlin gebracht, dort von einem hochrangigen SS-Mann namens Friesinger festgehalten und von einem weiteren Offizier einzeln verhört. Dabei wandern die Gedanken der Gruppenmitglieder in die Vergangenheit des Krieges und sie erleben die Momente erneut, die für sie Schlüsselszenen ihres Einsatzes gegen Nazi-Deutschland waren …
Story in Rückblenden
So ist Arthur der Erste in „Call of Duty: Vanguard“, der sich an die Kämpfe in der Normandie einen Tag vor D-Day erinnert, bei dem seine Kameraden und er durch die Zerstörung großer Kanonen die Invasion erst ermöglicht. Danach durchlebt die Russin Polina, die sich im Krieg später den Namen „Lady Nachtigall“ erarbeitet, den Tag in Stalingrad erneut, an dem die Nazis die Stadt eingenommen und viele ihrer Freunde getötet haben.
Als nächstes sitzt der Pilot Wade auf dem Verhörstuhl und dessen Gedanken gehen zurück zur Schlacht bei Midway und dem Versuch seines Geschwaders, feindliche Flugzeugträger zu zerstören, bevor sie ihre tödliche Ladung japanischer Zeros in den wolkenlosen Himmel spucken können.
Der Australier Luke hingegen weiß von den Kämpfen gegen Rommel in Nordafrika zu berichten, bei denen er Teil der alliierten Operationen war. Als kleine Zwischenhappen geht die Story um die Planung des Teams weiter, aus dem Gefängnis auszubrechen und ihren Auftrag doch noch zu erfüllen. Das Ende lässt schließlich Raum für mögliche Fortsetzungen…
Kriegsfilme am Stück
Die Kampagne ist für viele Call of Duty-Spieler nicht der Hauptgrund, sich das jeweils neueste Spiel zu holen, dennoch stecken die Entwickler viel Herzblut und Arbeit hinein, um ein spektakuläres Spielerlebnis zu liefern. Das ist auch bei „Call of Duty: Vanguard“ der Fall. Die für erfahrene Shooter-Fans etwa fünf Stunden dauernde Reise durch den Zweiten Weltkrieg haben die Macher mit so viel erinnerungswürdigen Momenten vollgepackt, dass das Durchspielen der Kampagne auch Mehrspieler-Fans durchaus empfohlen werden kann.
Besonders die emotionale Reise der jungen Russin Polina durch das eisige Stalingrad, die in zwei Etappen innerhalb der Kampagne erzählt wird, packt den Spieler auch emotional und wird einfach gut erzählt und inszeniert. Das gilt mit kleinen Abstrichen auch die die Erlebnisse der anderen Team-Mitglieder und wirkt manchmal wie ein Kriegsfilm, bei dem der Spieler die verschiedenen Stars einfach selber spielt.
Call of Duty: Vanguard mit reibungsloser Steuerung
Gesteuert wird das Spiel entweder mit Tastatur und Maus oder Gamepad ohne Probleme. Shooter-erfahrene Spieler werden bei „Call of Duty: Vanguard“ keine Probleme haben, sich zu bewegen und Gegner zu treffen. Dazu sind die Einstellungsmöglichkeiten gigantisch. Jede Menge Empfindlichkeiten der Bedien-Elemente können von Hand noch nachjustiert werden. Das ist nicht schwer.
Wie schwer hingegen die Kampagne ist, entscheidet jeder Spieler zu Beginn selbst: Vier Schwierigkeitsgrade stehen zur Wahl. Der zweite mit Namen „Soldat“ sollte für die allermeisten Spieler gut zu schaffen sein. Wen das nicht fordert, kann noch zwei Mal erhöhen und widerstandsfähigere Gegner mit höherer Präzision anfordern.
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Kämpfe von gestern in Optik von heute
Das Gefühl, einen Film zu sehen, liegt zu einem guten Teil an der grandiosen Optik, die „Call of Duty: Vanguard“ dem Spieler bietet. Ob die vorgefertigten Zwischensequenzern, in denen die Story ohne Beteiligung des Spielers weitererzählt wird oder die allgemeine Qualität der Grafik in den verschiedenen Leveln – das Spiel sieht fantastisch aus.
Allerdings bedeutet das nur in wenigen Fällen auch schön. Denn das Entwicklerteam zeigt vornehmlich die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. In Stalingrad säumen tiefgefrorene Leichen den Weg der Heldin, im Pazifik stürzen von Kugeln zerfetzte Flugzeuge von Kameraden am Spieler vorbei in die Tiefe, in der verregneten Normandie sterben die Soldaten an Arthurs Seite blutig und zahlreich.
Ohnehin ist die Gewalt in „Cod: Vanguard“ sehr plakativ inszeniert. Blutige Kopfschüsse gehören hier ebenso dazu wie brennende Menschen, die in Panik umherlaufen oder Körperteile, die nach einer Explosion auf dem Boden liegen. In der Inszenierung des Krieges waren die Macher wahrlich nicht zimperlich.
Das Herzstück für viele Fans: der Mehrspielermodus
Kämpfe gegen andere Spieler ist bei der CoD-Reihe schon lange ein immens wichtiger Teil des Spiels. Auch diesmal gibt es für Fans dieser Art Spiele wieder jede Menge zu tun. So kann der Charakter durch Erfahrung Stufen sammeln und dadurch neue Waffe und Ausrüstung sowie jede Menge kosmetische Änderungen freischalten.
Dafür stehen insgesamt 20 Karten zur Verfügung, in denen sich Spieler im Duell eins gegen eins oder in größeren Teams mit dem Gegner anlegen und versuchen, die jeweilige Aufgabe zu erledigen. Im klassischen Death-Match heißt das, mehr Gegner zu töten als das andere Team. Andere Spielmodi haben unterschiedliche Ziele.
Individuell im Team unterwegs
Der Spieler kann sich bei diesen Gefechten in vielerlei Hinsicht individualisieren. So kann eine eigene Optik recht schnell freigespielt werden. Etwas länger dauern die zahlreichen Modifikationen, die der Spieler an Waffen vornehmen kann. „Call of Duty: Vanguard“ bietet hier auch Baupläne für besonders starke Waffen, deren Einzelteile aber zuerst im Kampf erbeutet werden müssen.
Erfahrenen CoD-Spieler wissen bereits, dass das Spiel die eigene Spielweise fördert und Möglichkeiten gibt, diese besonders effizient zu spielen. So können agile Spieler, die mit aus der Nähe tödlichen Waffen spielen möchten – wie etwa Schrotflinten – sich selbst mit Boni eindecken, um widerstandfähiger zu werden oder schneller zu laden. Wer es eher aus der Entfernung mit schwerem Geschützt mag, wird andere Boni vorziehen.
Neuer Modus: Vorsichtig oder gleich in die Vollen?
Neu im Spiel ist die Einstellungsmöglichkeit der Spielgeschwindigkeit. Das meint aber nicht, dass Charaktere schneller laufen können, sondern die zu erwartende Dauer bis Feindkontakt. So ist die Einstellung „Taktik“ für Spieler passend, die gern vorsichtig agieren, die Gegner aufspüren möchten und dann erledigen. „Assault“ geht da schon etwas schneller zur Sache. Und „Blitz“ schließlich wirft die Mitspieler in eine Karte, in der es fast permanent ums Schießen und Treffen geht. Je nach eigenem Geschmack kann der Spieler bei „Call of Duty: Vanguard“ auswählen, welche Art Gefecht er erleben möchte.
Neu ist auch die Fähigkeit der Spieler, blind zu feuern, also aus der Deckung zu ballern, ohne hinzusehen, oder im Ecken zu schießen, allerdings ebenfalls ungezielt. Dennoch kann das für angreifende Feinde eine tödliche Hürde darstellen. Ob sich das in den schnellen Kämpfen aber tatsächlich durchsetzt, bleibt abzuwarten. In der Kampagne ist die Fähigkeit jedenfalls durchaus sinnvoll.
Nichts für Sniper
Insgesamt bietet „Call of Duty: Vanguard“ genau das Mehrspieler-Erlebnis, für das sich der Löwenanteil der Fans jedes Jahr den neuen Teil anschafft. Schnelle Action, in denen besonders die flinken und zielsicheren Spieler eine gute Zeit haben, aber auch auf Gegner treffen, die ihnen ebenbürtig sind. Da viele der neuen Karten klein und verwinkelt sind und Vorteile für Spieler bieten, die viel unterwegs sind, ist CoD: Vanguard allerdings für Sniper kein großer Spaß. Die Strategie des Wartens auf den Gegner ist oft keine Taktik, die zum Sieg führt.
Call of Duty: Vanguard bietet Zombies
Im Zombie-Modus kann es der Spieler allein oder in der Gruppe mit Horden von Untoten aufnehmen, die er besiegen muss. In den Leveln sind Aufgaben zu erledigen und Erfahrungspunkte zu sammeln, die auch hier zu besserer Ausrüstung und coolen Waffen führen.
Hat ein Spieler eine bestimmte Menge Ziele erfüllt, kann er ein Portal aktivieren, dass ihn in Sicherheit bringt und die gesammelten Gegenstände dazu. Vorher füllt sich der Platz vor dem Portal allerdings mit Zombies – und einige davon schießen zurück, explodieren in der Nähe des Spielers oder sind so gut gepanzert, dass normale Kugeln nur wenig Eindruck hinterlassen. Zudem wird das Spiel nach jedem geschafften Level etwas schwerer. Wer lange überlebt, erreicht irgendwann wirklich fordernde Gegnerscharen.
In diesem Modus können sich vor allem Spieler austoben, denen der Kampf gegen erfahrene Ego-Shooter-Spieler wenig Spaß macht, weil sie im Sekundentakt sterben. Der Zombie-Modus gegen reichlich dumme, dafür aber extrem viele Gegner, ist da einfach leichter zu bewältigen und kann auch Spaß machen. Von den drei Spielmodi von „Call of Duty: Vanguard“ ist er aber auf Dauer der unspektakulärste.
FAZIT
Der neue Call of Duty-Teil Vanguard gibt sich keine Blöße. Technisch und grafisch bietet das Spiel einen hohen Standard, inhaltlich macht die Kampagne ebenfalls eine Menge Spaß und ist für diese Reihe mit fünf bis acht Stunden, je nach Können und Erfahrung, sogar recht lang. Dazu präsentiert „Call of Duty: Vanguard“ mit dem Zombie-Modus nette Ballerorgien auf viele Ziele, die schwieriger werden, je länger sie dauern.
Das Filetstück und für viele Fans der Reihe der Hauptgrund, sich jedes Jahr ein neues CoD anzuschaffen, bleibt aber der Mehrspieler-Modus. Hier wird zwar möglicherweise für die Experten zu Beginn noch die eine oder andere Schwäche im Balancing der Waffenstärken offenbar. Wer aber einfach nur mit anderen zusammen gegen menschliche Gegner antreten will, bekommt hier je nach Vorliebe eine fast perfekte Partie. Bei solcher Qualität wird wohl auch das 2022-Call of Duty wieder sehnlichst erwartet.
- PRO
- Starke Optik, viel Action, kinoreife Inszenierung
- KONTRA
- Mehrspieler-Modus für Anfänger hart, für reine Einzelspieler wenig Inhalte
IMTEST Ergebnis:
gut 1,7