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Streamingdienste im Vergleich: Die Qual mit der Wahl

Streamingdienste sind nicht erst seit Corona für viele Deutsche ein beliebter Zeitvertreib. Welcher für Sie der Richtige ist, zeigt der Test von fünf Anbietern.

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Streamingdienste werden mehr

Deutschland ist Netflix-Land. Geschätzt 5,5 Millionen Kunden nutzen hierzulande den beliebten Streamingdienst für Serien und Filme, genaue Zahlen nennt das Unternehmen nicht. Dass der US-Konzern so erfolgreich ist, ist aber kein Wunder: Denn kein Anbieter weltweit gibt mehr Geld für neue Inhalte aus wie Netflix. Aber die Konkurrenz schläft nicht und baut eigene Streaming-Angebote ebenfalls kräftig aus. Da wird es Zeit Inhalte und Preise der Streamingdienste mehr zu vergleichen, um den für sich am geeignetsten Anbieter zu finden. Daher hat sich IMTEST fünf Plattformen zum Streamen von Filmen und Serien genauer angeschaut.

Von Amazon über Apple bis Disney

Auffallend aktiv baut Amazon sein Prime Video-Angebot aus. So hat sich der Internet-Versandhändler in den vergangenen Jahren besonders beliebte Film-Titel geschnappt. Größter Coup war dabei sicher die „Der Herr der Ringe“-Serie, die voraussichtlich 2021 über Amazon Prime Video verfügbar ist und insgesamt mehrere hundert Millionen Euro an Lizenzgebühren und Produktionskosten verschlingt. iPhone-Hersteller Apple zog im November 2019 nach und präsentiert seitdem mit Apple TV+ ausschließlich eigen produzierte Inhalte.

Die beiden großen deutschen Privatsender-Familien der RTL und der Pro Sieben/Sat1-Gruppe haben mit TV Now Premium und Joyn+ ebenfalls schon eigene Streamingdienste für den deutschen Markt gegründet. Nun kommt mit Disney+ ein weiterer, sehr ernstzunehmender Anbieter dazu. Den Startschuss – mitten in der Corona-Krise – hätte der Mäusekonzern nicht besser wählen können. Weitere große US-Studios wie Warner und Universal überlegen zurzeit sehr laut, ob auch sie ebenfalls noch in den umkämpften Markt einsteigen sollten.

Die Macht der Sehgewohnheiten

Die Entscheidung, welcher der Streamingdienste am besten zu den eigenen Sehgewohnheiten passt, ist nur auf den ersten Blick einfach. Jeder Anbieter hat Schwächen, die je nach Vorlieben entweder kaum oder ganz extrem ins Gewicht fallen. Einige Beispiele machen das mehr als deutlich: So hat ein Kunde, der seinen Streamingdienst häufig nutzt, bei TV Now schnell alle exklusiven Inhalte durchgeschaut – das gilt auch fürs Apple TV-Angebot.

Disney+ hingegen beeindruckt zum Start mit einem umfangreichen Archiv aus dem Disney-Filmangebot der letzten 80 Jahre, wirklich neue Inhalte halten sich bei dem Dienst aber noch in Grenzen. Die Familie mit Grundschulkindern ist bei Disney+ glänzend aufgehoben, denn der gesamte Inhalt des Streaming-Dienstes ist für den Nachwuchs geeignet. Höher als eine Freigabe ab 12 Jahren gibt es hier (noch) nicht. Das aber dürfte Kunden, die sich gerne auch mal einen Horror- oder härteren Actionfilm ansehen, eher abschrecken.

Lizenzchaos bei Streamingdiensten

Besonders problematisch und manchmal richtig nervtötend kann es werden, wenn es um Lizenzen von anderen TV-Sendern geht. Wer bestimmte Filme oder Serien sehen möchte, findet die in aller Regel nur bei einem Anbieter. Zwar gibt es die erfolgreiche Comedy-Serie „The Big Bang Theory“ sowohl bei Netflix als auch bei Amazon Prime Video zu sehen, aber das ist eine große Ausnahme. Ärgerlich kann es zusätzlich werden, wenn man Fan einer Serie ist, deren Lizenzen für den deutschen Markt geteilt sind. So ist der vielteilige US-Erfolg „The Good Doctor“ momentan bei TV Now zu sehen, allerdings nur die zweite Staffel. Die Senderechte für Staffel eins und drei liegen gerade bei Sky.

Wer also wegen ganz bestimmter Inhalte einen Streamingdienst abonnieren möchte, tut gut daran, vorher genau zu prüfen, ob dort etwa die gewünschte Serie tatsächlich komplett vorliegt – und auch für wie lange noch. Die Serie „Friends“ wechselte beispielsweise in den USA gerade von Netflix zu HBO Max – für angeblich 425 Millionen Dollar!

Streamingdienste mit Masse und Eigenproduktionen

Wer hauptsächlich an einem möglichst großen Angebot interessiert ist, kommt an Netflix und Amazon Prime Video nicht vorbei. Denn die schiere Menge, die hier zu finden ist, werden andere Streamingdienste über Jahre nicht aufholen können. Allerdings ist immer auch der Blick auf die Details geboten: Zwar bietet kein anderer Streamingdienst so viele Spielfilme wie Prime Video. Doch stammt nur ein Bruchteil davon aus eigener Produktion und ist damit dauerhaft im Programm. Und auch nach vielen aktuellen Blockbustern sucht man bei Prime oft vergeblich.

Auch bei Netflix stammt längst nicht alles aus eigener Produktion, obwohl der Anbieter so viel eigene Inhalte im Programm hat, wie kein anderer. Damit das so bleibt, hat das Unternehmen unlängst verkündet, neue Kredite im Wert von zwei Milliarden Dollar aufnehmen zu wollen, um die Herstellung neuer Inhalte anzukurbeln. Zudem haben die Verantwortlichen für die Produktionen in den vergangenen Jahren mit Serien wie „Stranger Things“, „Haus des Geldes“ oder „The Witcher“ weltweite Hits geschaffen, die Kunden anziehen – und damit Geld für weitere potenzielle „Must-See“-Serien in die Kassen spülen.

Streamingdienste mit HD und ein bisschen 4K

Technisch fast auf Augenhöhe in der technischen Umsetzung herrscht bei den Streamingdiensten weitgehend Gleichheit. HD-Auflösung bieten alle an, ebenso wie guten Dolby-Ton – sofern der denn auch im Film oder der Serie verwendet wurde. Nur bei 4K-Angeboten unterscheiden sich die Anbieter. TV Now hat etwa keine Filme oder Serien in dieser ganz hohen Auflösung. Bei den Eigenproduktionen von Apple TV+ ist hingegen alles in 4K zu sehen.

Amazon Prime und Disney+ zeigen nur wenige Serien und Filme in der besten Auflösung – dafür dann aber ohne Zusatzkosten. Netflix langt hierfür ordentlich zu und verlangt für Produktionen in 4K monatlich vier Euro mehr, als Kunden im Vergleich für die Ausstrahlung in HD-Qualität zahlen. Da schon heute in jedem fünften deutschen Haushalt ein 4K-tauglicher Fernseher steht, dürfen die Anbieter hier aber fast alle gerne noch zulegen.

FAZIT

Die Streamingdienste liefern verschiedene Vor- und Nachteile, doch kommt es vor allem immer auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen an, ob sich ein bestimmter Anbieter lohnt oder nicht. Für echte Vielgucker bei Serien führt an Netflix zurzeit kein Weg vorbei. Bei Filmen hat Amazon Prime Video die Nase vorn. Dagegen sind die Angebote von TV Now Premium und Apple TV+ sind noch sehr überschaubar. Disney+ ist zwar mit vielen Vorschusslorbeeren gestartet, muss aber erst beweisen, wie regelmäßig das Portal Film- und Serien-Highlights liefert.

Fotos: IMTEST, Anbieter

Markus Fiedler

Markus Fiedler ist freier Journalist und Autor, sein Herz schlägt vor allem für den Bereich Entertainment. Er verbringt seit vielen Jahren einen großen Teil seiner Zeit im Kino oder vor dem Fernseher – und hat damit sein Hobby zum Beruf gemacht. Nach einem abgeschlossenen Volontariat in seiner Heimatstadt Göttingen war Fiedler Gründungsmitglied des Spielemagazins Computerbild Spiele im Jahr 1999 und arbeitete dort 13 Jahre lang als Testredakteur. Seitdem ist er freiberuflich für verschiedene Kunden tätig. Für IMTEST testet er vor allem Technik und Software, mit der man seine Freizeit verbringt: Netflix und Spotify zum Beispiel, aber auch neue Spielekonsolen wie Playstation 5 und Xbox Series X.