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Aktive Sicherheit auf dem Motorrad: Assistenzsysteme im Überblick

Welche Assistenzsysteme für Motorräder gibt es und wie ist deren Funktionsweise?

Ein Mann auf einem Motorrad
© Jakub Sisulak/Pexels

Traktionskontrolle

Ebenfalls seit Jahrzehnten vom PKW bekannt ist die Traktionskontrolle, auch Antriebsschlupfregelung genannt. Sie ist vor allem bei starken Motorrädern sinnvoll und insbesondere bei Nässe segensreich. Auch hier wirkt die Schräglage eines Zweirads in Kurven verschärfend: Wer hier zu früh und zu viel Gas gibt, eventuell noch auf rutschigem Asphalt, überfordert schnell den Grip des Hinterreifens, was zu einem bösen Sturz führen kann.



Die Traktionskontrolle baut auf der Sensorik des ABS auf: Raddrehzahlsensoren ermitteln die Geschwindigkeit sowie Drehzahlunterschiede der Räder, hinzu kommen Beschleunigungs-, Gierwinkel- und Neigungssensoren. Steuergeräte gleichen die Daten der Sensorik permanent mit der jeweils abgerufenen Motorleistung ab und greifen bei kritischen Werten – wenn etwa die Drehzahlen von Vorder- und Hinterrad differieren – über Bremse und Gaswegnahme ein.

Wheelie-Control

Die Wheelie-Control (teils auch Anti-Wheelie-Control genannt; “Wheelie” meint das Fahren auf dem Hinterrad) nutzt die Sensorik von ABS beziehungsweise Traktionskontrolle und ergänzt sie um Sensoren, die eine Bewegung des Bikes um die Querachse messen. Steigt bei starkem Beschleunigen also das Vorderrad auf, drosselt die Elektronik die Motorleistung, bis das Vorderrad wieder Fahrbahnkontakt hat. Bei manchen Motorrädern verhindert die Wheelie-Control ein abhebendes Vorderrad komplett, bei sportlicheren Maschinen lässt sie sich hingegen oft einstellen, so dass man das Vorderrad in mehreren Stufen bis zu einer gewissen Höhe kontrolliert aufsteigen lassen kann. Denn ein leichter Wheelie bedeutet bestmögliche Beschleunigung, was sich sehr gut im Rennsport beobachten lässt.

Ein Mann auf einem Motorrad macht einen Wheelie
Die Wheelie-Control verhindert ein allzu heftig aufsteigendes Vorderrad. © Skitterphot/Pexels

Stoppie-Control

Das Gegenstück zur Wheelie-Control: Die Stoppie-Control verhindert ein bei starkem Bremsen aufsteigendes Hinterrad – gute Motorradfahrer balancieren ihr Bike beim Bremsen bis zum Stillstand auf dem Vorderrad. Das liegt allerdings nicht jedem, so dass die Stoppie-Control bei Vollbremsungen den Bremsdruck mindert, wenn das Heck steigt. So bleibt das Motorrad bei hoher Verzögerung stabiler.

Berg-Anfahrhilfe

Auch die Berganfahrhilfe kennt man vom Auto: Will man mit einem Schaltwagen am Berg anfahren, rollt dieser beim Wechsel vom Brems- auf das Gaspedal oftmals etwas zurück. Bei modernen Autos verhindert die Bremse automatisch ein Zurückrollen. Das funktioniert auch beim Motorrad: Mit der Berganfahrhilfe muss man nicht mehr beim Anfahren am Berg das Bike gleichzeitig mit der Bremse halten, sondern kann sich ganz auf das richtige Zusammenspiel von Gas und Kupplung konzentrieren.



Elektronische Motorbremse/Schleppmomentregelung

Ein weiteres sinnvolles Assistenzsystem ist die elektronische Schleppmomentregelung. Bei sehr sportlichem Fahren wird beim Anbremsen vor Kurven durch Herunterschalten die Motorbremse genutzt. Großvolumige Motoren haben jedoch mitunter ein so starkes Schleppmoment, dass es dabei zu einem kurzen Blockieren des Hinterrads kommen kann, was die Fahrstabilität beeinträchtigt. Die elektronische Motorbremse hebt in diesen Fällen die Motordrehzahl leicht an, um die Haftung am Hinterreifen nicht abreißen zu lassen.

Elektronische Dämpfung

Auch diesbezüglich war der PKW Vorreiter: Elektronisch geregelte Stoßdämpfer verfügen über eine variable Dämpferkennung, können also entsprechend der Beladung und des Fahrstils weicher oder straffer arbeiten. Diesbezüglich lassen sich meist mehrere Set-ups von komfortabel bis sportlich-straff vorwählen.

Ein beladenes Motorrad
Mit einer elektronisch geregelten Dämpfung lässt sich auch auf schwere Beladung reagieren. © Getty Images

Abstandsradar

Eine weitere Innovation aus dem Automobilsektor: Eine Radarsensorik in der Frontverkleidung erkennt andere Objekte im Verkehr und ermöglicht eine adaptive Tempomatfunktion mit autonomem Beschleunigen und Verzögern. Über die Regelung der Motorleistung sowie der Bremsen kann so ein konstanter Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug eingehalten werden und bei einer Kollisionsgefahr auch stark abgebremst werden.



Totwinkel-Warner

Die Radarsensoren des Totwinkelwarners sitzen am Heck des Motorrads und überwachen den Bereich hinter dem Bike. Nähert sich ein anderes Fahrzeug von hinten, leuchten in den Rückspiegeln Warnsignale auf.

Adaptivlicht

Das elektronische gesteuerte LED-Licht sorgt auch und gerade bei Abblendlicht für eine bestmögliche Sicht, ohne dabei den Gegenverkehr zu blenden.

Fazit

Von der Wheelie- und Stoppie-Control einmal angesehen, wurden alle aktiven Sicherheitssysteme vom Auto abgeleitet. Dort haben sie sich schon jahre- oder gar jahrzehntelang bewährt, so dass es nur ein logischer Schritt war, diese elektronischen Helferlein auch an Motorräder zu adaptieren. Denn jeder vermiedene Unfall zählt, insbesondere beim Zweirad, das dem Fahrer kaum Schutz bietet.



IMTEST- Redakteur Horst Schröder vor Hintergrund (Hamburg)

Als festangestellter Redakteur im Ressort Future Mobiltiy testet Horst Schröder für IMTEST E-Bikes sowie E-Autos passend dazu diverse Zubehör-Produkte wie Fahrradträger oder Dachboxen. Neben Tests und Ratgebern rund um Gesundheitsthemen oder Online-Dienste etwa für Daten-Speicherung (Cloud), erstreckt sich die Expertise des ausgebildeten Print- und Online-Redakteurs zudem über das Thema Camping. Dieses begleitet er mit Tests von Reisemobilen, Camper-Vans und Zubehör wie Zelten oder Softshell-Jacken. Vor seiner Tätigkeit bei IMTEST arbeitete er als Inhaber eines Redaktionsbüros (Print und Online) freiberuflich unter anderem als Testredakteur für die Computerbild. Neben Technik-Themen aller Art, ist für den Bulli-Fahrer die weite Outdoor-Welt eine Passion. Sie erreichen ihn via E-Mail.