Apple hat die neueste Version der weltweit meistverkauften Uhr vorgestellt: Die Apple Watch Series 9. Erste Erkenntnis: Es gibt keine neue Version des Einsteigermodells Apple Watch SE. Dafür hat sich bei der Series 9, also der „normalen“ Version, einiges getan – vor allem unter der Haube. So sorgt der neue S9-Cip für die größte Leistungssteigerung der Uhr seit Jahren zudem gibt es einen helleren Bildschirm. Ein verbesserter Ultrabreitband-Chip ermöglicht nicht zuletzt neue Funktionen. Lohnt sich der Kauf der neuen Apple Watch 9? Der Test klärt’s.
Apple Watch 9: Bewährtes Design
Entgegen einiger Gerüchte hat sich am Design nichts geändert. Tatsächlich sind die Apple Watch Series 9 und die Apple Watch Series 8 kaum zu unterscheiden – es sei denn, man hat die Apple Watch Series 9 in Rosé, wie das IMTEST-Testmodell. Je nach Betrachtungswinkel könnte man diese Version sogar für die Polarstern-Farbvariante halten. Darüber hinaus gibt es die getestete Aluminiumversion in den bekannten Farben Sliver, Midnight und Product Red.
Neu ist jedoch, dass alle Aluminiummodelle laut Apple nun aus 100 Prozent recyceltem Aluminium und einer Reihe weiterer recycelter Komponenten bestehen, darunter eine Batterie aus 100 Prozent wiederverwertetem Kobalt. Das neue Sport Loop besteht zu 82 Prozent aus recyceltem Garn und ist damit in Kombination mit einer Apple Watch aus Aluminium das erste zertifizierte klimaneutrale Apple Gerät – das verdient Respekt. Außerdem ersetzt Apple die Lederarmbänder durch ein neues, ebenfalls recyceltes Textil namens Fine Woven.
Apple Watch 9: Mehr Prozessorpower
Im Gegensatz dazu hat sich im Inneren einiges getan. Die Apple Watch 9 wird vom neuen S9-Chip angetrieben. Dieser soll nach Angaben des Unternehmens insgesamt 60 Prozent schneller sein als der der Apple Watch 8. Mithilfe von 5,6 Milliarden Transistoren und neuronalen 4-Kern-Engines, soll maschinelles Lernen doppelt so schnell erfolgen. Die Grafikeinheit (GPU) arbeitet 30 Prozent schneller. Effekte sollen dadurch flüssiger aussehen, während Siri dank der neuen Unterstützung für vollständige On-Device-Berechnungen schneller arbeiten soll. Auch die Diktierfunktion ist laut Apple nun um 25 Prozent genauer arbeiten. Ferner spricht Apple von 25 Prozent mehr Effizienz. Nur: Im direkten Vergleich mit der Apple Watch 8 ist davon bisher nichts zu merken. Weder scrollen die Menüs flüssiger, noch öffnen sich Apps schneller. Und auch beim Diktieren konnten die IMTEST-Tester keinen signifikanten Unterschied feststellen.
Apple Watch 9 spürt verlegte iPhones auf
Zusätzlich zum S9 wird die Apple Watch Series 9 mit dem neuen UWB-Chip U2 von Apple ausgestattet, der einige neue Funktionen bietet. Wer sein iPhone gerne verlegt, kann es mit der Apple Watch anpingen. Auf dem Display erscheinen dann ziemlich genaue Informationen inklusive Richtungspfeilen und Meterangaben, die helfen können, das Smartphone wiederzufinden. Zwei kleine Haken: Das funktioniert nur mit den neuen iPhone-15-Modellen, die ebenfalls den neuen UWB-Chip an Bord haben. Und: Liegt das iPhone ein Stockwerk tiefer, hilft die Suchfunktion kaum weiter.
Double Tab: Anrufe annehmen per Fingergeste
Das Hauptmerkmal der Apple Watch Series 9, die laut Apple auch nur durch den neuen S9-Chip möglich ist, stellt eine neue Geste namens „Double Tap“ (zu Deutsch „Doppeltippen“) dar. Zwar ließ sich auch schon die Apple Watch 8 mehr schlecht als recht mit Gesten steuern, die neue Doppeltipp-Steuerung soll die Bedienung der Apple Watch mit nur einer Hand aber noch bequemer machen.
Stellen Sie sich vor, Sie halten gerade einen heißen Kaffee in der Hand und auf der Apple Watch kommt ein Anruf an. Anstatt mit dem gegenüberliegenden Zeigefinger das Gespräch entgegenzunehmen und dabei den Kaffee zu verschütten, nehmen Sie es durch einen Doppeltipp auf Zeigefinger und Daumen an. Die gleiche Geste beendet den Anruf auch wieder. Das kann in vielen weiteren Situationen praktisch sein, zum Beispiel beim Autofahren, beim Kochen, beim Baby wickeln – eigentlich immer, wenn man nicht beide Hände freihat.
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Darüber hinaus gibt es weitere Anwendungen. Beispielsweise das Scrollen durch das neue Smart Stack, beenden des Weckers oder die Fernsteuerung der Kamera des gekoppelten iPhones. Allerdings gibt es auch hier ein Aber: Die Funktion ist mit beim Verkaufsstart der Apple Watch Series 9 noch nicht dabei. Apple reicht sie erst im Laufe des Oktobers mit der Version watchOS 10.1 nach. IMTEST konnte sie daher nicht ausprobieren.
Apple Watch 9 mit hellerem Bildschirm
Auf der Vorderseite befindet sich der aus der Serie 9 bekannte Touchscreen, der beim Testmodell einen Durchmesser von 41 mm aufweist. Neu ist, dass das Display der Apple Watch 9 eine Helligkeit von 2.000 Nits hat, bisher waren es 1.000 Nits (Nits ist ein einfaches Maß für die Helligkeit des Bildschirms). Die Verbesserung klingt dramatisch, macht aber in der Praxis kaum einen Unterschied. Allenfalls in bestimmten Szenarien ist der hellere Bildschirm wahrnehmbar. Zum Beispiel, wenn man die Taschenlampe voll aufdreht oder die Sonnen sehr hell scheint. Wie erwähnt muss man aber sehr genau hinschauen, um den Vorteil zu erkennen.
Warum Apple diesen Schritt unternommen hat, bleibt unklar. Denn das Display der Apple Watch 8 zählt immer noch zu den besten im Smartwach-Bereich. Und der Redaktion ist auch kein Fall bekannt, in dem sich jemand über mangelnde Bildschirmhelligkeit bei der Apple Watch beschwert hätte. Der Sprung von 1.000 auf 2.000 Nits ist nur bestimmten Situation positiv bemerkbar – konkret bei direktem Sonnenlicht. Im Alltag spielt der hellere Bildschirm keine Rolle.
Akkulaufzeit weiter schwach
Was dagegen in der Vergangenheit eher auf Unmut stieß, war die kurze Akkulaufzeit der Apple Watch. Hier hat sich leider nichts geändert. Die Apple Watch Series 9 verspricht die gleichen “18 Stunden Gangreserve” wie die Vorgängermodelle. Zwar sind diese Angaben eher konservativ, so dass es in der Regel kein Problem darstellt, einen kompletten Tag mit einer Ladung zu überstehen. Trotzdem ist ein Tag Akkulaufzeit für eine moderne Smartwatch einfach nicht zeitgemäß. Immerhin: Das Aufladen geht schnell: Rund 45 Minuten Ladezeit benötigt die Apple Watch 9 von 0 auf 80 Prozent, unabhängig vom verwendeten Netzteil. Zudem reichen 10 Minuten aus, um den Akku um rund 20 Prozent zu füllen. Eine vollständige Ladung dauert 65 Minuten. Damit lässt sich die Apple Watch 9 beispielsweise morgens nach dem Aufstehen zwischen Dusche und Frühstück fast vollständig aufladen.
Wie gehabt verfügt die Apple Watch 9 über einen Energiesparmodus, der eine Laufzeit von bis zu 36 Stunden ermöglicht, die Funktionen jedoch stark einschränkt. Konkret deaktiviert die Smartwatch in diesem Modus die Messung von Blutsauerstoff und Herzfrequenz im Hintergrund sowie die Benachrichtigungen bei unregelmäßigem Herzrhythmus, hoher oder niedriger Herzfrequenz. Die Apple Watch erinnert auch nicht mehr an das Training. Außerdem kappt die Apple Watch WLAN- und Mobilfunkverbindungen, wenn kein iPhone in der Nähe ist. Dadurch kommen auch keine Anrufe und Nachrichten mehr an. Der Energiesparmodus ist also keine wirkliche Hilfe, da er einerseits die Funktionen der Uhr zu stark einschränkt und andererseits trotzdem keine wirklich gute Akkulaufzeit bringt. Das drückt die Note im Bereich “Akku, Bildschirm, Bedienung & Verarbeitung” auf “2,6”.
Sport- und Fitness: Neues für Radler
Garmin kann aufatmen: Die Sport- und Fitnessfunktionen hat Apple im Rahmen von watchOS 10 lediglich partiell aufgefrischt. In Sachen Hardware gibt bei der Apple Watch 9 keine neuen Funktionen, im Gehäuse stecken offenbar die gleichen Puls-, GPS-, Temperatur, Crash- und Beschleunigungssensoren wie beim Vorgänger. Das ist aber kein Drama, da die Apple Watch 8 schließlich immer noch zu den genauesten Smartwatches gehört. Die Herzfrequenzmessungen entsprechen demnach auch bei der Apple Watch 9 nahezu 1:1 denen, die zum Vergleich mit einem Brustgurt aufgezeichnet wurden. Hier zählt Apple zu den besten auf dem Markt. Die GPS-Genauigkeit bewegt sich ebenfalls auf hohem Niveau, auch wenn in diesem Bereich anderen Kandidaten wie die Garmin Fenix 7 die Nase vorn haben.
Allenfalls Radfahrer werden Neues entdecken. So bietet watchOS 10 Unterstützung für Fahrradsensoren wie Bluetooth Leistungsmesser, Geschwindigkeitssensoren und Trittfrequenzsensoren. Außerdem ist es möglich, die von der Apple Watch gesammelten Daten auf dem iPhone zu spiegeln und es so wie eine Art Fahrradcomputer zu nutzen. Für Sportler interessant ist auch die Unterstützung von strukturierten Trainingseinheiten über eine Schnittstelle (API). Damit können Apps von Drittanbietern ein strukturiertes Training direkt auf die Apple Watch übertragen, ohne dass dieses manuell auf der Uhr selbst erstellt werden muss. Das könnte in Zukunft spannend werden. Wie bereits geschrieben, handelt es sich hierbei nicht um exklusive Funktionen der Apple Watch 9. Jede Apple Watch mit watchOS 10 profitiert von den neuen Sportfunktionen.
Sportfunktionen: Garmin weiter führend
Unterm Strich ist die Apple Watch 9 damit funktional noch weit von spezialisierten Sportuhren wie der Garmin Fenix 7, Epix oder 965 entfernt. Zwar zeigt die Apple Watch beispielsweise Herzfrequenzzonen und erweiterte Laufmetriken wie Schrittlänge und Schrittfrequenz an, aber so richtig rund ist das Ganze noch nicht. Das liegt zum großen Teil daran, dass Apple zu wenig aus den gewonnenen Daten macht. Apple Watch-Träger wissen zwar beispielsweise, in welchen Herzfrequenzzonen sie sich beim Training bewegt haben, aber nicht, welche Auswirkungen das auf ihre Körper hat.
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Zudem fehlen weiterhin Empfehlungen zur Trainingsintensität und Regeneration. Dementsprechend erhält die Apple Watch 9 im Bereich „Sportfunktionen“ nur die Note 2,2. Auch bei den Gesundheitsfunktionen gibt es bis auf Funktionen wie “Psychische Gesundheit” und “Kurzsichtigkeit” nichts Neues, allerdings war hier bereits die Apple Watch 8 mit Funktionen wie Vorhofflimmererkennung, Blutsauerstoff, EKG, 24/7 Pulsmessung, Herzfrequenzvariabilität und vieles mehr sehr gut aufgestellt: Entsprechend vergibt IMTEST hier die Teilnote “1.3”.
Die perfekte iPhone-Ergänzung
Sport hin oder her, in Sachen smarte Allround-Smartwatch macht Apple nach wie vor jedem anderen Hersteller etwas vor: Das App-Angebot ist am größten und Messaging und Telefonieren am Handgelenk klappt hervorragend. Insgesamt ist die Symbiose von iPhone und Apple Watch nahezu perfekt, in der Teilnote “Smarte Funktionen” vergibt IMTEST entsprechend die Note “1,2”. Es ist fast so, als hätte man sein Smartphone am Handgelenk – nur mit kleinerem Display. Auch Optik, Verarbeitung und Bedienung (mit leichten Abstrichen) sind wie gehabt auf Top-Niveau.
Fazit
Die Apple Watch 9 zeigt einmal mehr: Die Zeit der großen Innovationen bei Produktneuvorstellungen ist offenbar vorbei. Vielmehr pflegt Apple seine Produkte und ergänzt sie Jahr für Jahr mit kleinen Verbesserungen. Wer beispielsweise von einer Apple Watch 8 auf ein 9er-Modell umsteigt, wird trotz des schnelleren Chips und des helleren Displays erst einmal keinen großen Unterschied bemerken. Das liegt allerdings auch daran, dass einige Funktionen wie der Double Tab zu Beginn noch nicht funktionieren. Wer hingegen von einem älteren Modell wie der Watch 4, 5 oder 6 umsteigt, kann sich über viele neue Funktionen freuen. Großes Lob verdient Apple für seine Update-Politik: Dass selbst Modelle wie die Watch 4 noch mit aktuellen Updates versorgt werden, ist alles andere als selbstverständlich.
- PRO
- Klasse Bildschirm, top Symbiose mit dem iPhone
- KONTRA
- Kurze Akku-Laufzeit, Funktionen auf drei Apps verteilt.
IMTEST Ergebnis:
gut 1,9